Phagenforschung am MPI-TM

Marburger Max-Planck-Forschende sind Teil des DFG-Schwerpunktprogramms „Neue Konzepte der Virus-Wirt-Interaktion in Prokaryonten“

Dr. Katharina Höfer und Prof. Dr. Gert Bange vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg sind Projektpartner im neuen Schwerpunktprogramm (SPP) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Ziel des Programms ist es, die Beziehungen zwischen Viren (Phagen) und ihren bakteriellen Wirten sowohl auf Einzelzellebene als auch im Kontext mikrobieller Gemeinschaften mit hochmodernen Methoden zu untersuchen.

So allgegenwärtig wie Bakterien sind auch die Viren, die sie befallen. Die Entdeckung der Bakteriophagen vor rund 100 Jahren war der Schlüssel zum Verständnis zur genetischen Erbinformation – bis die Phagenforschung in den Hintergrund weiterer Entdeckungen geriet. Heute erwacht die Phagenforschung aus ihrem Dornröschenschlaf. Sie bietet neue Chancen, sei es als Therapie gegen bakterielle Infektionen oder als Steuer-Element in den globalen Stoffkreisläufe. Diesem mutmaßlich hohen Potenzial steht zwar ein enormer Bedarf an Informationen zu den genauen molekularen Abläufen entgegen; die heutigen molekularen Technologien ermöglichen jedoch ganz neue Einblicke in die molekularen Abläufe der Phagen-Bakterien-Interaktionen und liefern teils revolutionäre Neuerkenntnisse, die sich auch auf andere zelluläre Fragestellungen und weitere Organismen übertragen lassen.

Im Zentrum von Katharina Höfers Forschungsarbeiten steht die ADP-Ribosylierung, ein im Infektionsgeschehen zentraler enzymatischer Vorgang. Besonders spannend ist ihr Ansatz vor allem deswegen, weil die Forscherin kürzlich auf einer ganz neue Form zelluärer Makromoleküle stieß, die unser bisheriges Verständnis der Architektur von Molekülstrukturen auf den Kopf stellen.

Über die Charakterisierung des bakteriellen Epitranskriptoms – den Modifikationen der genetischen Bausteine -  erhofft sich das Forscherteam grundlegende Einblicke in die Phagenbiologie. Damit möchten sie solide Bedingungen dafür schaffen, medizinische Anwendungen zu entwickeln. „Viele sehen das Potential, aber es gibt noch wenig Forschende, die den Phagen versuchen bis ins Detail zu verstehen“, so Katharina Höfer. „Wenn man die die Baupläne sowie die Prinzipien des Baukastensystems kennt, kann man in Zukunft einen hochspezifischen Phagen im Reagenzglas erzeugen. Das Besondere: dieser wirkt schneller und zielgerichteter als jedes bisherige Antibiotikum.“

Während Katharina Höfers Gruppe die Interaktion von Phagen und gramnegativen Bakterien wie E.coli untersucht, haben ihr Kooperationspartner Gert Bange und seinTeam Bacillus subtilis im Visier, ein grampositives Bakterium. Und was ist für ihn an der Phagenforschung besonders interessant?  „Es gibt jenseits der klassischen Modell-Phagen wie T4 oder T7 extrem spannende Mechanismen zu entdecken – auch deshalb erlebt die Phagenforschung eine Renaissance. Dazu kommt eine neue Methodik, um diese zu erforschen,“ erklärt der Max-Planck-Fellow. Er und sein Team wollen wissen, wie die Stressantwort der Bakterien – insbesondere auf Nahrungsmangel – durch die Interaktion mit Phagen beeinflusst wird.

„Ein Phage fordert von der Wirtszelle einen enormen Mehrbedarf an Energie. Wie trickst der Phage das Stoffwechselmanagement der Bakterie aus? Und wie beeinflusst die Hungerrektion der Wirtszelle wiederum das molekulare Verhalten des Phagen? Das sind Mechanismen, die wir grundsätzlich verstehen wollen“, sagt Gert Bange.

Das Schwerpunktprogramm der DFG Priority Programm “New Concepts in Prokaryotic Virus-host Interactions – From Single Cells to Microbial Communities” (SPP 2330) soll eine Laufzeit von insgesamt sechs Jahren haben. Ziel dieses Schwerpunktprogramms ist es, neue Horizonte und Möglichkeiten für die Entdeckung grundlegend neuer Konzepte und Mechanismen in der Biologie zu eröffnen, indem der Schwerpunkt auf drei Komplexitätsebenen der viralen Organisation gelegt wird: virale Zellbiologie, neue ein- und mehrzellige antivirale Abwehrmechanismen und virale Auswirkungen auf mikrobielle Gemeinschaften. Die insgesamt 14 neuen Verbünde erhalten für zunächst drei Jahre insgesamt rund 85 Millionen Euro.

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