Die Triebkraft der Nitrogenase

Forschende am MPI-TM finden neue Ansatzpunkte zur Verbesserung von Biokatalysatoren

22. Februar 2024

Nitrogenasen gelten als vielversprechende Kandidaten für die nachhaltige enzymatische Produktion von Ammoniak und Kohlenstoffverbindungen. Leider blieb ein Engpass des komplexen Prozesses, die Versorgung der Enzyme mit Elektronen, bislang rätselhaft. Nun hat ein Team um Emmy Noether Forschungsgruppenleiter Johannes Rebelein entdeckt, welche Proteine maßgeblich die Leistung der Eisen (Fe)-Nitrogenase bestimmen.

Nitrogenasen werden in mehreren industriellen Herstellungsverfahren als Katalysatoren eingesetzt. Die wichtigste ist die chemische Fixierung und Umwandlung von elementarem Stickstoff (N2) in Ammoniak, dem Hauptbestandteil von Düngemitteln. Deren industrielle Produktion erfolgt derzeit über das umweltschädliche Haber-Bosch-Verfahren. Enzymatisch und nachhaltig produzierte Düngemittel könnten circa ein Prozent der global verbrauchten Energie und des damit verbundenen freigesetzten CO2 einsparen, weshalb sich viele Forschungslabors und Start-up Firmen mit diesem Thema beschäftigen. Eine herausfordernde Aufgabe, da Nitrogenasen hochkomplexe Metalloenzyme und viele Aspekte ihrer Katalyse noch nicht ausreichend verstanden sind.

Eisen (Fe)- Nitrogenase fixiert nicht nur Stickstoff, sondern auch CO2

Nun haben Forschende um Dr. Johannes Rebelein am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg erste Einblicke in die Energieversorgung des Enzymkomplexes, erhalten, genauer gesagt: seine Versorgung mit Elektronen. Die Ergebnisse liefern einen wichtigen Ansatz zur Entwicklung und Optimierung solcher Biokatalysatoren. Das ist nicht nur im Hinblick auf die industrielle Stickstoff-Fixierung von Bedeutung, sondern auch für die Nutzung von CO2 als Wertstoff. Denn dasselbe Team konnte kürzlich zeigen, dass die Fe-Nitrogenase auch zur Umwandlung von CO2 fähig ist. Ausgerechnet diese Nitrogenase-Form ist bislang wenig untersucht, vor allem im Hinblick auf den Elektronentransport.

Das Forschungsteam charakterisierten den Elektronentransport zur Eisen (Fe)-Nitrogenase in dem Modellbakterium Rhodobacter capsulatus und zeigte, dass zwei verschiedene Elektronentransportproteine, Ferredoxine genannt, für die Stickstoff-Fixierung essenziell sind.  

Der Energie-Engpass eröffnet neue Ansätze für die Optimierung

„Wir wollten herausfinden, welche Ferredoxine entscheidend sind. Da alle Zellen mehrere Ferredoxine beherbergen, wobei unser Modellbakterium Rhodobacter capsulatus sieben verschiedene Ferredoxine produziert, wollten wir auch herausfinden, ob mehrere dieser Ferredoxine dieselbe Aufgabe übernehmen können - oder ob sie jeweils spezifisch sind", erklärt Erstautorin Holly Addison. "Wenn wir eines der Ferredoxine ausschalteten, konnte das andere seine Funktion nicht übernehmen. Daraus schlossen wir, dass diese beiden unverzichtbaren Ferredoxine unterschiedliche Aufgaben in der Stickstoff-Fixierung erfüllen.“

Die Versorgung mit Elektronen gilt als ein Engpass der Nitrogenasekatalyse. Mit den beiden Ferredoxinen haben die Forschenden nun klare Ziele identifiziert, um auf den Elektronenfluss und damit die Leistung der Biokatalyse einzuwirken.

"Unsere Ergebnisse sind eine wichtige Voraussetzung für die Optimierung von R. capsulatus als Modellsystem für die verbesserte Umwandlung von Stickstoff oder CO2 durch Biokatalysatoren zu Ammoniak, bzw. kurzkettigen Kohlenwasserstoffen", ergänzt Johannes Rebelein. „Nun geht es darum, die Nitrogenase und die am Prozess beteiligten Proteine weiter zu erforschen, um unser Verständnis zu erweitern und neue Ansätze für die industrielle Produktion zu entwickeln.“

Die nächsten Schritte des Projekts werden sich darauf konzentrieren, einerseits die Rolle der Ferredoxine noch besser zu verstehen, andererseits Methoden der synthetischen Biologie einzusetzen, um sie zu verändern - und durch die leichtere Bereitstellung von Elektronen die Nitrogenasen zu beschleunigen.

 

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