Wie entsteht biochemische Vielfalt?

Neue Max-Planck-Forschungsgruppe am MPIterMic

18. September 2019

Ihre Forschungen auf English kommunizieren, das müssen sich viele in Deutschland geborene Wissenschaftler erst aneignen. Anders Georg Hochberg: er verbrachte die letzten 12 Jahre in England und USA. Dort trug ihn seine wissenschaftliche Reise von der physikalischen Physik über die Evolutionswissenschaften bis zur Mikrobiologie, wo er nun als neuer Max-Planck-Forschungsgruppenleiter in den kommenden Jahren die Möglichkeit hat, die Grundlagen der Evolution von Proteinkomplexen zu erforschen.

Proteinkomplexe sind die Arbeitstiere der Zelle. Sie bestehen aus mehreren einzelnen Proteinuntereinheiten, die sich in präzisen geometrischen Formen zusammensetzen, und sind an fast allen elementaren Stoffwechselprozessen beteiligt. 

„Die Evolution solcher Proteinkomplexe“, so der Wissenschaftler, „birgt große, elementare Fragen der Evolutionsbiologie.“ Ist Komplexität immer nützlich, oder entstehen in der Evolution auch nutzlose Strukturen, die entweder nie einen Nutzen hatten, oder ihn schon lange verloren haben?

Georg Hochberg verspricht sich in der Evolution von Proteinkomplexen Antworten auf diese fundamentalen Fragen. Das einzige Problem: Proteinkomplexe hinterlassen keine Fossilien, ihre evolutionäre Geschichte ist deshalb bis jetzt weitgehend unbekannt. Und doch finden sich in den Proteinsequenzen heutiger Komplexe Spuren Ihrer Vorfahren. Mittels dieser Information will der Forscher die Sequenzen uralter Proteinkomplexe berechnen, die zuletzt vor Hunderten von Millionen Jahren existiert haben, um sie dann im Labor wieder auferstehen zu lassen und so ihre Evolutionsgeschichte aufzudecken.

Was werden wir von diesen alten Proteinen lernen? Hochberg vermutet, dass Zufall eine große Rolle in ihrer Evolution gespielt hat, will sich aber nicht auf zu genaue Vorhersagen festlegen: „Nature is under no obligation to organize itself according to our expectations“ – „Die Natur ist nicht verpflichtet, sich unseren Erwartungen entsprechend zu organisieren”, sagt Georg Hochberg.

An Marburg reizt den Wissenschaftler die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit anderen Biochemikern der Universität und der synthetischen Mikrobiologie mit ihrem Know-How einzelner Stoffwechseleigenschaften und Funktionen. Einmal die Evolution größerer funktioneller Proteinkomplexe – wie zum Beispiel der Flagellen oder Kernporen – aufzuklären, das wäre sein Traum. Bis dahin gilt es, die Grundprinzipien molekularer Evolution zu verstehen. Dafür stellt Georg Hochberg derzeit ein Forschungsteam zusammen, das ihn dabei unterstützen soll.

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