Johannes Rebelein erhält den VAAM-Forschungspreis 2024

3. Juni 2024

Dr. Johannes Rebelein, Emmy Noether-Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut in Marburg, charakterisierte ein bakterielles Enzym, das Kohlendioxid (CO2) in Kohlenwasserstoffe umwandeln kann. Dieser bisher einzigartige natürliche Mechanismus könnte das Treibhausgas für die Herstellung nachhaltiger Chemikalien, Kraftstoffe oder Plastik nutzbar machen. Für diese Entdeckung erhält Rebelein den Forschungspreis 2024 der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM). Den mit 10.000 Euro dotierten Preis für herausragende aktuelle Arbeiten auf dem Gebiet der Mikrobiologie verlieh die VAAM auf ihrer Jahrestagung in Würzburg am 2. Juni 2024.

Das von Rebelein untersuchte Enzym, die Nitrogenase, katalysiert eine der schwierigsten Reaktionen der Natur, die Umwandlung von molekularem Stickstoff (N2) in Ammoniak (NH3). Dabei muss sie die starke Dreifachbindung des stabilen N2 aufbrechen. Rebelein zeigte, dass Nitrogenasen überraschenderweise auch CO2 zu Kohlenwasserstoffen reduzieren. Damit sind Nitrogenasen die einzigen Biokatalysatoren in der Natur, die CO2 direkt in nutzbare Kohlenwasserstoffketten umwandeln können.

Bislang sind drei verschiedene Nitrogenasen bekannt. Rebelein und sein Team klärten letztes Jahr die Struktur der kaum untersuchten Eisen(Fe)-Nitrogenase auf. Dieser Enzymkomplex aus dem Purpurbakterium Rhodobacter capsulatus besitzt eine besondere Architektur und im aktiven Zentrum acht Eisenatome. „Die Nitrogenase besitzt zwei symmetrischen Hälften, die miteinander ‚kommunizieren‘“, erklärt Rebelein. So kann sie gleichzeitig in den zwei aktiven Zentren CO2 zu Ameisensäure (Formiat) und Methan reduzieren. „Das stellt unser gesamtes Verständnis von Nitrogenasen in Frage, denn offensichtlich ist die Fe-Nitrogenase auch ‘im normalen Bakterienleben‘ eine CO2-Reduktase“.

Die beiden Produkte der Fe-Nitrogenase dienen anderen Mikroorganismen als Nahrungsgrundlage. Vor allem aber sind sie von hohem Wert für die Bioökonomie, etwa für die Produktion von grünen Kraftstoffen und Plastik. Da das Bakterium Rhodobacter capsulatus ähnlich wie Pflanzen aus Sonnenlicht Energie gewinnt, könnte es mit Licht Kohlenstoffabfälle in Chemikalien umbauen. Dies bietet Lösungen für eine kohlenstoffneutrale und nachhaltige Gesellschaft.

„Erst müssen wir den Energie- und Stoffwechsel von R. capsulatus umfassend verstehen“, so Rebelein. Im nächsten Schritt will die Gruppe die Nitrogenase modifizieren und verbessern sowie die Stoffwechselwege optimieren.         

Die VAAM lobt Rebeleins Forschung als „höchst innovativ, weil er Biochemie, synthetische Biologie und Mikrobiologie auf einzigartige Weise verbindet“. Seine Stärke sei der Ehrgeiz und Mut, neue Forschungswege zu beschreiten. So habe er ein eigenes Modellsystem für die Nitrogenaseforschung entwickelt und etabliert. Seine aktuellen Veröffentlichungen in renommierten Fachzeitschriften liefern neue Erkenntnisse zur Struktur der Nitrogenase, aber auch zum Leben von Rhodobacter capsulatus. Weitere spannende Veröffentlichungen sind in Arbeit. Auch Rebeleins Engagement am Institut hebt die VAAM hervor.

„Ich freue mich sehr über diese Auszeichung, nicht nur als Anerkennung unserer Forschung“, sagt Johannes Rebelein. „Es zeigt auch, dass unsere Arbeit zur Nitrogenase und der Beitrag, den diese für eine bio-basierte Technologie leisten kann, im Fachgebiet Mikrobiologie sichtbar ist und angenommen wird.“

Dr. Johannes G. Rebelein ist Emmy-Noether Nachwuchsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie und am SYNMIKRO-Forschungszentrum. Er studierte Biotechnologie an der TU Braunschweig und promovierte 2016 bei Prof. Dr. Markus W. Ribbe an der University of California in Irvine (USA). Es folgte ein Postdoc bei Prof. Dr. Thomas Ward an der Universität Basel (Schweiz).

Die VAAM vertritt rund 3500 mikrobiologisch orientierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Forschung und Industrie. Die Bandbreite der Forschung reicht von Bakterien, Archaeen und Pilzen in Lebensmitteln und Gewässern über Krankheitserreger bis hin zu Genomanalysen und industrieller Nutzung von Mikroorganismen und ihren Enzymen. Die diesjährige Jahrestagung findet am 2. bis 5. Juni in Würzburg statt, dieses Jahr gemeinsam mit der DGHM (Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie).
Anja Störiko (VAAM)

 

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