Dreifache Auszeichnung für Franziska Sendker

Die Nachwuchswissenschaftlerin erhielt die Otto-Hahn-Medaille und den Otto-Hahn-Award der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) sowie den Promotionspreis der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM)

25. Juni 2025

Die Max-Planck-Gesellschaft hat Dr. Franziska Sendker, ehemalige Doktorandin am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, sowohl mit der Otto-Hahn-Medaille als auch dem Otto-Hahn-Award ausgezeichnet. Die Medaille würdigt herausragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftlerinnen- und Wissenschaftlern und ist jeweils mit 7.500 Euro dotiert.  Mit dem Otto-Hahn Award kann sie eine eigene Forschungsgruppe an einem MPI ihrer Wahl aufbauen. Bereits im März 2025 erhielt sie den Bayer Pharmaceuticals Promotionspreis der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM e.V.), der ihr auf dem Mosbacher Kolloquium verliehen wurde. Franziska Sendkers Forschung zeigte, dass komplexe Proteinformen nicht nur durch natürliche Selektion, sondern auch durch zufällige genetische Veränderungen entstehen können.

Franziska Sendker erforschte in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Georg Hochberg, Max-Planck-Forschungsgruppenleiter und mittlerweile LOEWE-Professor an der Philipps-Universität Marburg, warum Enzyme komplexe Strukturen bilden und was die Evolution dieser Formen bestimmt.

Die meisten Enzyme arbeiten nicht als einzelne Molekülen, sondern als große Komplexe aus vielen identischen Teilen. Diese „homo-oligomeren Komplexe“ sind in allen Organismengruppen zu finden und haben entscheidende Funktionen. Doch warum entstehen die komplexen Strukturen überhaupt? In der Evolutionslehre nahm man bislang allgemein an, dass jede Veränderung, die bestehen bleibt, mit einem evolutionären Vorteil verbunden ist. Doch neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass dies nicht der einzige Grund ist. Franziska Sendker verglich im Rahmen einer groß angelegten Studie die Struktur eines bestimmten Enzyms, der Citrat-Synthase, in verschiedenen Lebewesen aus unterschiedlichen Gruppen.

Dazu charakterisierte sie das Enzym sowohl über Dutzende moderne Proteine als auch über zahlreiche rekonstruierte evolutionäre Vorläufer-Proteine. Dabei nutzte sie ein breites Methodenspektrum, das Messungen der enzymatischen Eigenschaften, molekulare Strukturbestimmungen und genetische Modifizierungen der cyanobakteriellen Wirtsorganismen umfasste.

Franziska Sendkers Ergebnisse zeigen, dass sich die Struktur der Proteine über evolutionäre Zeiträume hinweg häufig ändert und vielfältige Formen annehmen kann, deren Ursprung allerdings nicht immer auf natürliche Selektion zurückzuführen ist sondern auch zufällige genetische Veränderungen.
Während ihrer Arbeit gelang der Forscherin außerdem eine unerwartete Neuentdeckung: eine Citrat-Synthase aus Blaualgen, die sich in einem komplexen Muster aus vielen Teilen zu einem sogenannten Fraktal selbst zusammensetzt und dem berühmten Sierpiński-Dreieck gleicht (Pressemeldung).

Fraktale bezeichnen die Wiederholung eines Musters vom Großen ins Kleine, wie man es z.B. von Farnblättern kennt. Die entdeckte Enzymvariante ist das erste bekannte Beispiel eines regelmäßigen Fraktals in der molekularen Welt. „Die fraktalen Proteinkomplexe ermöglichten in unseren in vivo Untersuchungen dem cyanobakteriellen Wirt keinen Vorteil für die Fitness des Organismus. Dies deutet darauf hin, dass auch komplizierteste Formen von Proteinkomplexen durch kleine Änderungen in der Natur entstehen und -  und ebenfalls auch über lange Zeiträume beibehalten werden können.“

Diese Forschungsergebnisse haben wichtige Implikationen für unser Verständnis der Evolution von Proteinen und ihrer Funktionen. Die Prinzipien könnten auch für andere biologische Systeme gelten und unser Verständnis der Evolution und der Funktion von Proteinen revolutionieren.

Franziska Sendker studierte Molekulare Medizin in Freiburg (B.Sc.) und Biochemie in Leipzig (M.Sc.). Ihre Promotion in Chemie führte sie am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg durch. Zur Zeit arbeitet sie als Postdoktorandin am Dana-Farber Cancer Institute der Harvard Medical School (Boston, MA-USA).

Die Otto-Hahn-Medaille wird jährlich an bis zu 30 junge Wissenschaftler*innen verliehen.  Mit dieser Ehrung würdigt die MPG junge, besonders talentierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Medaille wird seit 1978  jährlich verliehen und ist benannt nach dem berühmten deutschen Chemiker und Nobelpreisträger  Otto Hahn (1879-1968), der zwischen 1948 und 1960 auch Präsident der MPG war.

Der Otto-Hahn-Award eröffnet besonders herausragenden Preisträgerinnen und Preisträgern der Otto-Hahn-Medaille die Möglichkeit, im Anschluss an einen Auslandsaufenthalt die Leitung einer kleinen Forschungsgruppe zu übernehmen. In einem Max-Planck-Institut Ihrer Wahl können sie ein eigenes Forschungsprojekt durchführen. Die Auszeichnung soll den Weg für eine längerfristige Wissenschaftskarriere in Deutschland ebnen.

Der Bayer-Preis für Biochemie und Molekularbiologie wird jährlich von der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e. V. verliehen. Der Preis wird an herausragende Doktorarbeiten an deutschen Universitäten oder Fachhochschulen verliehen, die in den letzten zwei Jahren vor der Preisverleihung entstanden sind. Der Preis beträgt 1.500 € und wird beim jährlichen Mosbach-Kolloquien verliehen.

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