Dr. Nicole Ludwig erhält den MarBiNa-Förderpreis 2021

Max-Planck-Nachwuchswissenschaftlerin wird für Ihre Arbeiten zu einem pilzlichen Pflanzenschädling ausgezeichnet
 

23. März 2022

Schadpilze an Getreide sind angesichts der stetig wachsenden Weltbevölkerung ein enormes Problem. Die Max-Planck-Nachwuchswissenschaftlerin Nicole Ludwig hat in ihrer Promotionsarbeit das hochkomplexe Zusammenspiel zwischen einem pilzlichen Pflanzenschädling und seiner Wirtsflanze erforscht. Ihre Erkenntnisse eröffnen neue Möglichkeiten für die Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten. Dafür überreichte ihr Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies den Marburger Biotechnologie- und Nanotechnologie-Förderpreis 2021.

Der Brandpilz Ustilago maydis, Erreger des Maisbeulenbrands, steht für eine große Gruppe pilzlicher Krankheitserrger, die weltweit große Mengen an Getreide vernichten. Viele dieser Pilze leben biotroph, das heißt, sie töten ihre Wirtspflanze nicht. Stattdessen verhindern sie das Absterben der Pflanze und leben auf deren Kosten, um ihr eigenes Wachstum und ihre Verbreitung sicherzustellen.

Zu diesem Zweck manipuliert der Parasit Ustilago maydis die Maispflanze mit einem breiten Arsenal sogenannter Effektormoleküle, die vom Pilz in das Pflanzengewebe abgegeben werden. Nicole Ludwig gelang es, einen pilzlichen Komplex aus sieben Proteinen zu isolieren, der für die Invasion des Pilzes offenbar unverzichtbar ist.

„Fehlt nur eines dieser Proteine, kommt der Infektionsprozess vollständig zum Erliegen. Durch seine zentrale Bedeutung wäre der Effektor-Komplex ein ideales Ziel, um die Krankheit zu bekämpfen,“ sagt Nicole Ludwig. Nicole Ludwigs Arbeit entstand im Forschungsteam um Prof. Regine Kahmann am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg. Regine Kahmann hat über viele Jahre daran gearbeitet, die Interaktion zwischen Ustilago und Maispflanze auf molekularer Ebene aufzuklären.

Vermutlich nutzt der Pilz den Komplex, zu dem auch zwei in der Membran befindliche Proteine gehören, um weitere Effektoren in Pflanzenzellen einzuschleusen. „Mit dem Proteinkomplex sowie dem Nachweis, dass dieser eine Struktur ausbildet, ist erstmals bei Pilzen eine Maschinerie entdeckt worden, über die Effektoren in die Wirtszelle gelangen könnten. Das ist einerseits ein tolles Ergebnis reiner Grundlagenforschung. Gleichzeitig bietet es ein enormes Anwendungspotenzial,“ sagt Regine Kahmann. Allerdings stellt die biotrophe Lebensweise des Pilzes eine Herausforderung dar. „Der Komplex bildet sich nur im Rahmen der erfolgreichen Pilzinfektion. Wenn man seine Entstehung hemmt, stirbt der Pilz beim Eindringen in die Pflanze ab. Daher gelang es bislang nicht, den direkten Beweis zu erbringen, dass der Komplex an der Einschleusung von Effektoren in die Pflanzenzelle beteiligt ist,“ erklärt Nicole Ludwig.

Doch sind die Forscherinnen optimistisch, dass die Entdeckung des Komplexes neue Wege eröffnet. Hier ist die Suche nach Wirkstoffen mit neuartigen Wirkmechanismen von höchster Bedeutung, denn die Gefahr der Resistenzentwicklung ist, wie beim Antibiotikaeinsatz, sehr hoch.

In Verwendung eines von Nicole Ludwig entwickelten Systems fand das Team in Zusammenarbeit mit dem Compound Management and Screening Center (COMAS) am MPI für molekulare Physiologie in Dortmund mehrere Wirkstoffkandidatenklassen, von denen drei nicht nur den Brandpilz Ustilago, sondern auch Symptome des Ackerbohnenrostes (Uromyces fabae) hemmten. Dies lässt hoffen, dass diese Wirkstoffe auch gegen verwandte Erreger wirtschaftlich bedeutender Krankheiten wirksam sind, wie z. B. dem Asiatischen Sojabohnenrost oder Weizenrost. Weil der Effektorprotein-Komplex nur in bestimmten pflanzenpathogenen Pilzen vorzukommen scheint -  vergleichbare Proteine in den Wirtspflanzen oder anderen Organismen fanden sich nicht -  wäre das Risiko negativer ökologischer Auswirkungen – im Gegensatz zu herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln – eher gering.

„Nicole Ludwig hat nicht nur wesentliche Arbeiten zur Charakterisierung des Komplexes geleistet, sondern auch den Aspekt der Anwendung dieses Wissens vorangetrieben. Dies hat uns erlaubt, neue Moleküle für die Bekämpfung von Pilzkrankheiten an Pflanzen zu finden und diese zur Patentierung einzureichen, sagt Regine Kahmann. Derzeit werden die Arbeiten, insbesondere zur Strukturaufklärung des Komplexes, unter Leitung des Max-Planck-Fellows und Marburger Universitätsprofessors Gert Bange weitergeführt.

Der Marburger Biotechnologie- und Nanotechnologie-Förderpreis wird jährlich von der 2007 gegründeten Initiative für Bio- und Nanotechnologie e.V. (IBiNa) verliehen.

Mehr zum Preis unter https://initiative-biotechnologie.de/marbina/

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