Den Geheimnissen der RNA auf der Spur

Neue Max Planck-Forschungsgruppe"Bacterial Epitranscriptomics"

10. Juli 2020
Im Göttinger Primatenzentrum geschah es: die damalige Studentin Katharina Höfer verliebte sich unsterblich – in das Molekül RNA. Ausgehend von ihrer Faszination für die Chemie, dank vieler Möglichkeiten zur interdisziplinären Zusammenarbeit und bereits damals mit großer forscherischer Freiheit versehen, ist das Makromolekül seitdem ihre Leitschnur. Noch während der Dissertation an der Universität Heidelberg gelang ihr eine überraschende Entdeckung: NAD-RNA. 

Was steckt hinter diesem Akronym? Nikotin-Adenin Dinukleotid, kurz: NAD, ist als Redoxfaktor aus zahllosen Enzymreaktionen bekannt. Massenspektrometrische Untersuchungen hatten bei Katharina Höfer und Ihren Forscherkolleginnen und -kollegen bereits den Verdacht geweckt, dass es - entgegen der gängigen Lehrmeinung - über die vier RNA-Bausteine, den Nukleotiden Adenin, Guanin, Cytosin und Uracil, in der bakterieller RNA noch weitere Bausteine geben könnte, die fest verbaut sind.

Ihre fundamentale Entdeckung von NAD als einen neuen, fünften Baustein der RNA stellte die bisherige Lehrmeinung auf den Kopf. Vor allem in Bakterien wie E. coli, das als „gut erforscht“ gilt, eröffnet diese Entdeckung ein neues und unbekanntes Forschungsgebiet. „Man möchte sagen, E. coli ist eines der bestuntersuchten Organismen überhaupt. Aber wir wissen so vieles noch nicht! Ich habe manchmal das Gefühl, wir kennen dieses Bakterium vielleicht nur zu 10 Prozent,“ erklärt Katharina Höfer. „Jetzt stehen uns zum Beispiel mit dem Next Generation Sequencing Methoden zur Verfügung um E. coli neu zu entdecken und verstehen zu können. Das ist Forschung in ihrem ureigensten Kern.“

Katharina Höfers Ziel ist es die Funktion des neuen RNA- Bausteins zu verstehen. NAD ist offenbar als cap (Kappe) immer am Anfang der RNA lokalisiert und scheint als eine Art Schutzhelm die Lebensdauer der RNA in Bakterien zu erhöhen. Sie vermutet zudem, dass das NAD-cap eine wichtige Rolle in der bakteriellen Zellregulation darstellt. Das NAD-cap könnte eine Art „molekularer Treffpunkt“ für RNA-Protein-Interaktionen in E. coli sein. Welche Proteine interagieren mit der NAD-RNA? Beeinflussen sie die Lokalisation? Kann die NAD-Kappe noch zusätzlich modifiziert werden? Alles Fragen, deren Antworten in nicht allzu langer Zeit Einzug in die Lehrbücher finden sollten.

Auf das MPI in Marburg fiel ihre Wahl, weil, so die Forscherin, „hier ein besonders unterstützendes Umfeld besteht. Hervorzuheben ist hier das SYNMIKRO, das Zentrum für synthetische Mikrobiologie, welches Wissenschaftler der Philipps-Universität Marburg sowie des MPIs unter einem Dach vereint. „In diesem SYNMIKRO-Kosmus können wir uns beispielsweise mit Strukturbiologen, Chemikern oder Informatikern vernetzen und so die Funktion von NAD-RNAs in Bakterien besser verstehen. In der MPG zu forschen heißt für uns auch, dass wir wieder Entdecker sein dürfen. Wir haben viele Ideen und können sie testen. Das ist für mich ein unglaubliches Glück.“

Oft sind es aber nicht nur die allerneuesten Methoden, aus denen Katharina Höfer ihre Ideen schöpft. Oft recherchiert sie auch in älteren Arbeiten. „Wir feiern eine Art Revival der alten, klassischen molekularbiologischen Methoden um NAD-RNAs in Bakterien besser charakterisieren zu können. Wenn man etwas Neues, wie die NAD-caps entdeckt, steckt man viel Zeit und Energie in die Entwicklung neuer Technologien. Wir kombinieren Methoden aus den 70er, 80er Jahren beispielsweise mit Next Generation Sequencing und können so die alten, robusten Methoden wieder im Kontext von NAD-RNA neu aufleben lassen. Wenn wir vor einem bestimmten Hindernis stehen, finden wir so meist schnell eine Lösung um NAD-RNAs in Bakterien besser verstehen zu können. Die Kombination von Neu und Alt ist daher ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeitsgruppen-Philosophie!“

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