Metalloenzyme in der Schmiede

Neue Emmy Noether Forschungsgruppe "Microbial Metalloenzymes"

3. Juli 2020
Um Reaktionen zu ermöglichen, die Aminosäuren alleine nicht katalysieren können, setzt die Natur Metallionen ein, die sich im Zentrum von Metalloenyzmen befinden. Eines dieser Metalloenzyme, die Nitrogenase, ist bereits seit langem bekannt, aber im Detail erstaunlich wenig verstanden. Sie ist das einzige Enzym, das in der Lage ist, die Dreifachbindung des elementaren Stickstoffs zu „brechen“ und den Stickstoff der Luft biologisch nutzbar zu machen. Im Interview sprach Johannes Rebelein über seine Arbeit an diesem wichtigen Enzym, Ideen für die kommende Zeit am MPI, und über die Bedeutung von Vernetzung und Zusammenarbeit.

Im Gegensatz zu Pflanzen können manche Mikroorganismen mithilfe des Enzyms Nitrogenase den Stickstoff aus der Luft aktivieren und so biologisch nutzbar machen. Johannes, was genau interessiert Dich an diesem besonderen Enzym?

Während meiner Doktorarbeit konnte ich zeigen, dass die Nitrogenase nicht nur Stickstoff fixiert, sondern auch das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid zu Kohlenwasserstoffen umsetzt und so zum Beispiel Methan, Propan, Butan etc. produziert, also energiereiche Produkte. Es stellte sich die Frage, ob man mit der Nitrogenase Biokraftstoffe herstellen könnte, und ich konnte erste Prozessgrundlagen hierfür erarbeiten.

Wie kam es, dass die CO2-Fixierung der Nitrogenase nie entdeckt worden war?

Erstens war diese Aktivität sehr gering, eine zufällige Nebenreaktion. Der Organismus zieht keinen Gewinn daraus. In der Natur wurde die Nitrogenase nie evolviert für die CO2-Fixierung. Aber was würde passieren, wenn wir eine CO2-Bindetasche einbringen?

Was sind die Ziele Deiner Arbeit?

Das zentrale Ziel ist auf jeden Fall die CO2-Bindung und –Reduktion. Was man aber auch nicht vergessen sollte, ist, dass man im Zuge dieser Forschung ganz wesentliche mechanistische Einblicke erhalten kann.

Die Nitrogenaseforschung ist ja schon alt, nichtsdestotrotz ist erstaunlicherweise über die genauen Abläufe der Reaktion wenig bekannt! Hier hilft die synthetische Biologie weiter. Das Ziel sind künstliche Metalloenzyme, wo man Metalcluster in eine neue Umgebung versetzt, in ein sogenanntes Scaffold, ein Gerüst- oder Trägerprotein. Man kann den Cluster isolieren, und er bleibt stabil. Dann lässt er sich in dieses Scaffoldprotein einbringen. Ich persönlich gehe davon aus, dass es mit einem Scaffoldprotein möglich sein wird, die Produktzusammensetzungen bzw. das Spektrum der Produkte zu ändern.

Und ich glaube, der größte Fortschritt der synthetischen Biologie ist die Änderung des Blickwinkels: dass man durch das Engineering, aus dem künstlichen System heraus zurückschauen kann und die Enzymmechanismen und  -prinzipien erforschen kann. Oft nenne ich biotechnologische Anwendungen, um zu erklären, wofür meine Forschung gut sein könnte. Bis man dort ist, kann es 10, 20 Jahre dauern. Aber auf dem Weg dorthin bekommen wir so viele Einblicke in Enzym-Mechanismen. Wie wichtig sind die Aminosäuren? Wie wichtig ist der Metalcluster in einem Metalloenzym? Funktioniert das eine auch ohne dem anderen?

Das heißt, trotz des chemischen Themas brauchst Du in Deiner Gruppe nicht nur Chemikerinnen und Chemiker?

Im Grunde Mikrobiologen, Biochemiker, Chemiker. Am besten Leute, die aus einer Richtung kommen, aber auch einen Sinn für die anderen Fächer haben. Ob das eine Chemikerin ist, die neue Cluster synthetisiert, oder ein Molekularbiologe, der sich mit Proteinevolution oder -Engineering beschäftigen möchte – das ist alles willkommen. Oft ist eine Kombination von Herangehensweisen zielführend, wo man einen Schritt biologisch löst, den anderen aber chemisch.

Welche Chancen siehst Du für Deine Gruppe am Forschungsstandort Marburg?

Das MPI in Marburg hat ja eine lange Tradition in der Metalloenzym-Forschung, man denke an Rolf Thauer, Wolfgang Buckel oder Seigo Shima. Man hat hier eine große Erfahrung mit diesem schwer zu handhabenden, weil sauerstoffempfindlichen Enzymen. Ich ändere jetzt auch meinen Modellorganismus zu Rhodobacter capsulatus, hier kann ich Anke Beckers Erfahrung nutzen, und natürlich Tobi Erbs Forschungen zur synthetischen Biologie – wir haben unterschiedliche Forschungsansätze, die sich aber gut ergänzen.

Und schließlich kommen hier junge Menschen zusammen. Ich finde das großartig und habe das Gefühl, das Marburg jetzt gerade ein Hotspot für Nachwuchsgruppen ist. Das mag Zufall sein, aber ich glaube, es liegt an der guten Vernetzung hier. Hier passt gerade sehr viel.

 Sicher wirst Du hier Dein Hobby vermissen, das Bergsteigen…

Ich hoffe, dass ich das nicht hundertprozentig einstellen muss.  Klar wird das weniger werden, aber ein paar Hochtouren oder Skitouren möchte ich schon noch machen. Aber die Natur um Marburg finde ich auch schön – es gibt viele Wälder.

Vielen Dank, Johannes, für das Interview!

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