Dr. Henrike Niederholtmeyer erhält ERC Starting Grant

Emmy-Noether-Forschungsgruppenleiterin am Marburger Max-Planck-Institut erhält 1,5 Mio. Euro zur Erforschung und Entwicklung biosynthetischer Kompartimente
 

22. November 2022

Das Forschungsgebiet von Henrike Niederholtmeyer, die seit 2020 am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe leitet, sind zellfreie Systeme. Diese könnten zukünftig eine wichtige Rolle für biochemische und biotechnologische Anwendungen spielen. Nun erhält Henrike Niederholtmeyer den renommierten ERC Starting Grant. Mit ihm möchte sie ihre Forschungen um einen neuen Aspekt erweitern.

Der Titel des geförderten Projektes SYNSEMBL steht für Cell-free synthesis and assembly of biomolecular condensates, also für zellfreie Synthese und Zusammenbau biomolekularer Kondensate.

Doch was sind Kondensate? Henrike Niederholtmeyer erklärt: „Innerhalb der Zelle laufen viele Prozesse gleichzeitig nebeneinander ab. Dabei spielen Kompartimente, also die räumliche Kontrolle über die biochemischen Prozesse, eine wichtige Rolle. Die Kompartimente, die wir nutzen wollen, wurden von Zellbiologen in Zellen entdeckt. Da finden sich Proteine örtlich in hohen Konzentration zusammen und bilden Tröpfchen oder sogenannte Kondensate.“  

In ihrer Gruppe am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg arbeitet Henrike Niederholtmeyer mit ihrem Team bereits seit längerem mit zellfreien Reaktionen. Diese sind zunächst einfach Mischungen aus Enzymen und anderen Molekülen. Im geförderten Projekt möchte das Forscherteam Proteinkondensate nutzen, um funktionelle Kompartimente für die Synthetische Biologie zu erzeugen.  Solche Kondensate haben nämlich einige sehr attraktive Eigenschaften. Sie bilden sich spontan selbst, können aber auf ein Signal hin auch wieder schnell zerfallen. Sie können helfen, Reaktionen effizienter oder spezifischer ablaufen zu lassen, oder auch komplexere Reaktionen ermöglichen, wie Henrike Niederholtmeyer sagt. „Das Besondere an den Kondensaten ist: sie sind programmierbar, das heißt, sie können gezielt andere Proteine aufnehmen. Das wollen wir nutzen und die Protein-Tröpfchen zu biochemischen Reaktoren machen, in denen Reaktionen ablaufen. Wir wollen herausfinden, wie man die Proteinsequenz verändern muss, um die Eigenschaften der Tröpfchen gezielt zu verändern.“

Dabei nutzt die Gruppe ihre bereits bewährte Technik der Mikrofluidik, die eine zellfreie Produktion und Analyse der Kondensate ermöglichen wird. Indem man die Reaktionen in einer Vielzahl winziger Kammern ablaufen lässt und die Kondensate darin untersucht, lassen sich schnell viele verschiedene Proteinsequenzen vergleichen. Am Ende möchte die Forscherin genauer verstehen, wie man die Eigenschaften und Funktionen der Proteinkondensate gezielt steuern kann. „Solche Proteinkondensate in zellfreien Systemen oder künstlichen Zellen könnte man zukünftig in der Biotechnologie oder als Biomaterialien verwenden. Dafür müssen wir aber zunächst genau verstehen, wie ihre besonderen Eigenschaften interne Prozesse beeinflussen.“   

Die ERC Starting Grants gehören zu den vier großen Förderprogrammen des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC), dem Forschungsförderer der Europäischen Union. Im Rahmen des neuen EU- -Programms "Horizont Europa" wurden in diesem Jahr  636 Mio. EUR in 400 herausragende Projekte von WissenschaftlerInnen und AkademikerInnen investiert. Die Zuschüsse in Höhe von durchschnittlich 1,5 Mio. € soll exzellenten und ambitionierten jüngeren Forschenden (im Zeitraum von 2-7 Jahren nach der Promotion) helfen, ihre Projekte zu starten oder weiterzuentwickeln, ihr Team aufzubauen und ihre besten Ideen zu verfolgen. Die geförderten Projekte decken alle Forschungsdisziplinen ab.

Henrike Niederholtmeyer studierte Biotechnologie an der Universität Münster und promovierte in 2015 im selben Fach an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (EPFL) in Lausanne. Als Postdoc an der Universität von Kalifornien in San Diego forschte sie am dortigen Institut für Chemie und Biochemie über zellfreie Systeme. Seit 2020 leitet sie die Emmy Noether Forschungsgruppe „Cell-Free Synthetic Biology“ am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg. Ab Dezember 2022 tritt sie an der TU München eine Professur für Synthetische Biologie an.

 

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