Zelluläres GPS-System reguliert Zellteilung in Bakterien  

12. Mai 2017
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg, an der Ludwig-Maximilian-Universität in München und am Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt haben ein neuartiges System identifiziert, mit dem sich bakterielle Zellen exakt in der Mitte teilen lassen. Die Ergebnisse sind kürzlich im Fachmagazin Developmental Cell veröffentlicht worden.

Fast alle Zellen durchlaufen Zellteilungen. Um sicherzustellen, dass sich die Zellen an der richtigen Stelle und zur richtigen Zeit teilen, ist die Zellteilung strikt geregelt. Immer wieder haben Zellen also die beachtliche Herausforderung zu meistern, die richtige Stelle und den geeigneten Zeitpunkt für die Teilung zu identifizieren. Typischerweise teilen sich Bakterien in der Mitte, damit zwei gleich große, gleichförmige Tochterzellen entstehen, die jeweils ein Chromosom enthalten. Bei den meisten Bakterien weiß man jedoch nicht, wie sie ihre Mitte erkennen.

Das gilt auch für die stäbchenförmigen Zellen des Bakteriums Myxococcus xanthus, die sich exakt alle fünf Stunden in der Mitte teilen. Um sich der Antwort auf die Frage anzunähern, wie diese Zellen ihre Mitte finden, haben sich Dominik Schumacher und Lotte Søgaard-Andersen, zwei Hauptautoren der Veröffentlichung, auf drei Proteine konzentriert, die als PomX, PomY und PomZ bezeichnet werden. „Wir wussten, dass die Zellteilung fehlschlägt, sobald PomZ fehlt, kannten aber den Grund dafür nicht”, erläutert Dominik Schumacher das Vorgehen. „Durch einen sorgfältigen Vergleich der Gene von Bakterien, die mit M. xanthus eng verwandt sind, fanden wir heraus, dass in einigen dieser Bakterien zwei Gene, die sich unmittelbar neben dem pomZ-Gen befindet, konserviert sind. Daraus schlossen wir, dass diese beiden Proteine möglicherweise mit PomZ zusammenwirken”, führt Dominik Schumacher weiter aus. Diese Idee bestätigte sich. In dem in Developmental Cell veröffentlichten Aufsatz führen Dominik Schumacher und Kollegen des Weiteren aus, dass diese beiden Gene die beiden Proteine PomX und PomY kodieren und zusammen mit PomZ wirken.

Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die drei PomXYZ-Proteine einen großen Komplex bilden, der sich in einem Biased-Random-Walk durch das Chromosom hindurch bewegt, bis er die Mitte des Chromosoms erreicht. Sobald der Komplex die Mitte des Chromosoms erreicht hat, verweilt er in dieser Position. Da sich die Mitte des Chromosoms genau in der Mitte der Zelle befindet, wird der Pom-Komplex schließlich exakt in der Mitte positioniert, wo er dann die Zellteilung stimuliert.

Um nachzuvollziehen, wie der PomXYZ-Komplex seinen Weg genau bis zur Zellmitte findet, arbeiteten die Marburger Wissenschaftler mit Erwin Frey, einem theoretischen Physiker an der Ludwig-Maximilian-Universität in München, und Silke Bergeler, einer Promotionsstudentin aus Erwin Freys Forschungsgruppe, zusammen. Durch Kombination der rechnergestützten Modellierungen und Simulationen der Frey-Gruppe mit der experimentellen Arbeit ist den Wissenschaftlern die Entwicklung eines Modells gelungen, das die Funktionsweise des PomXYZ-Komplexes als zelluläres GPS-System beschreibt und veranschaulicht, wie sich das Chromosom exakt bis zur Zellmitte bewegt.

Bakterien haben verschiedene Systeme entwickelt, um sicherzustellen, dass sie sich an der richtigen Stelle und zur richtigen Zeit teilen. In weiteren Studien wollen die Wissenschaftler den selektiven Druck analysieren, der diese unterschiedlichen Systeme in verschiedenen Bakterien begünstigt.

Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs Transregio 174 „Räumliche-zeitliche Dynamik bakterieller Zellen, der Max-Planck-Gesellschaft und der Graduate School of Quantitative Biosciences, München, finanziert.

 

Quellenangabe:

Schumacher, D., Bergeler, S., Harms, A., Vonck, J., Huneke-Voigt, S., Frey, E. & Søgaard-Andersen, L. (2017) The PomXYZ proteins self-organize on the bacterial nucleoid to stimulate cell division. Developmental Cell 41, 299-314.

http://dx.doi.org/10.1016/j.devcel.2017.04.011

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