Auf dem Weg zur biochemischen Blaupause für neue Biokatalysatoren

Forscher identifizierten weitere Enzyme für die in vitro-Biosynthese der [Fe]-Hydrogenase

17. Januar 2023

Wasserstoff mit Hilfe von Hydrogenasen effizient unter Stromverbrauch zu produzieren, oder - umgekehrt - aus Wasserstoff Strom zu erzeugen, ist ein Traum der Biotechnologie. Forscher des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie haben nun entscheidende Stoffwechsel-Schritte der Biosynthese des [Fe]-Hydrogenase-Cofaktors aufgeklärt. Ihre Erkenntnisse sind nicht nur ein wichtiger Schritt für die in vitro-Biosynthese der Hydrogenase selbst, sondern geben auch Einblick in die Wirkungsweise einer äußerst vielseitigen Klasse von Enzymen, die an diesem Prozess beteiligt sind.

Wasserstoffgas (H2) ist ein vielseitiger Energieträger und eine wichtige Option zur Speicherung erneuerbarer Energien. Jedoch benötigen sowohl die industrielle Produktion von Wasserstoff als auch Brennstoffzellen, die Wasserstoff nutzen, das seltene und damit teure Edelmetall Platin.  

Die Natur hat eine andere Lösung gefunden. Seit den Anfängen der Erdgeschichte nutzen Mikroorganismen Enzyme, in diesem Fall sogenannte Hydrogenasen. Die enzymatische Umwandlung von Wasserstoff erfolgt effizient, fast ohne Energieverlust und vor allem ohne Treibhausgasemissionen. Zwei Hydrogenasen, die [NiFe]-Hydrogenase und die [FeFe]-Hydrogenase, wurden weltweit bereits eingehend untersucht. Die dritte bekannte Hydrogenase, [Fe]-Hydrogenase, haben Forschende am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg entdeckt und strukturell detailliert beschrieben. In einer früheren Arbeit gelang es dem Team um Dr. Seigo Shima, den zentralen Metallocofaktor des Enzyms [Fe]-Hydrogenase im Reagenzglas nachzubauen.

Um ein definiertes System für die Produktion dieses Enzyms in vitro zu etablieren, muss die Biosynthesekette vollständig geklärt werden. In Zusammenarbeit mit der EPFL Lausanne und der University of Minnesota konnte das Team nun zwei wichtige Enzyme - den ersten sowie den letzten Schritt - für die Biosynthese des Schlüsselelements, des Metallocofaktors der [Fe]-Hydrogenase, ermitteln.

Faszinierenderweise gehören beide Enzyme zur Superfamilie der "Radikal S-Adenosyl-Methionin (SAM)-Enzyme", die eine bemerkenswerte Vielfalt an radikalbasierten Reaktionen mit Substraten vermittlen, von kleinen organischen Molekülen bis zu Proteinen, DNA oder RNA. Ihre Vielseitigkeit macht sie zu vielversprechenden Katalysatoren für biotechnologische Anwendungen, gleichzeitig aber auch zu schwierigen Kandidaten für die Identifizierung von Substraten und Mechanismen - beides Grundvoraussetzungen für den Einsatz der Enzyme als biochemische Werkzeuge.

Dass Radikal SAM-Enzyme geradezu "magisch" zu operieren scheinen, ist eine echte Herausforderung für die Forschung, sagt Francisco Arriaza Gallardo, Erstautor der Studie: "Radikal SAM-Enzyme sind sehr kreative Enzyme. Sie können buchstäblich zwei Substrate auseinander nehmen und daraus etwas völlig Neues machen. Das bedeutet, dass man das Substrat nicht bestimmen kann, selbst wenn man das Ergebnis identifiziert hat."

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, verwendeten die Wissenschaftler ihre kürzlich entwickelte in vitro-Biosynthesemethode, bei der sie die Enzyme mit chemisch synthetisierten Vorläufern als Bausteine untersuchten. Diese neue Kombination aus synthetischen Vorläufern und biologischen Materialien ermöglichte es zum ersten Mal, den natürlichen Biosyntheseprozess außerhalb einer lebenden Zelle nachzubilden.
Indem die Forscher die vermuteten Teile der Reaktionskette systematisch kombinierten, waren sie schließlich in der Lage, zu jedem Enzym der [Fe]-Hydrogenase-Produktion eine Funktion zu prognostizieren.

Forschungsgruppenleiter Dr. Seigo Shima erläutert: "Die nächste Frage lautet: Können wir eine aktive [Fe]-Hydrogenase in einem definierten System ohne zelluläre Komponenten herstellen? Denn nur mit dem vollständig definierten System können wir alle Komponenten für die Biosynthese dieses Cofaktors identifizieren."

Bis dahin ist noch etwas Feinschliff nötig. Co-Autor Sebastian Schaupp erinnert sich: "Die Idee für unser System war das Ergebnis eines intensiven Brainstormings. Wir haben uns überlegt, was die Biosynthese brauchen könnte, und es von unten nach oben zusammengesetzt. Nun gilt es herauszufinden, was weggelassen werden kann."

Durch die Aufklärung des katalytischen Mechanismus möchte das Team auch Einblicke in das Design und die Biosynthese neuer Katalysatoren im Allgemeinen gewinnen. Darüber hinaus könnte die Bestätigung der Kristallstrukturen zu einem besseren Verständnis der "magischen" Radikal SAM-Enzyme führen.

 

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