Neuer Schalter für die Zellteilung

Nachweis einer CTP-abhängigen Regulation der bakteriellen Vermehrung

17. Dezember 2019

Bakterien haben eine erstaunliche Vielfalt von Mechanismen entwickelt, um die räumliche Anordnung von Zellkomponenten zu steuern. Vor allem für die Zellteilung ist ihr reibungsloser Ablauf unerlässlich. Nun wurde ein neuer molekularer Mechanismus aufgedeckt, der hilft, die DNA auf Tochterzellen zu verteilen.

Bevor sich Zellen teilen, verdoppeln sie ihr Erbgut; die beiden Kopien werden dann an die Tochterzellen verteilt. Was simpel klingt, erfordert eine reibungslos funktionierende Maschinerie, die aus zahlreichen Proteinen besteht.

Ein neu entdeckter molekularer Mechanismus bereitet die Zellteilung von Bakterien vor, indem er die Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen beeinflusst. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Philipps-Universität Marburg, des „LOEWE“-Zentrums für synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) und des Max-Planck-Instituts für Terrestrische Mikrobiologie herausgefunden, die ihre Resultate in der Fachzeitschrift „Cell“ beschreiben.

„Unsere Ergebnisse fügen dem gängigen Bild eine unvorhergesehene Ebene hinzu“, sagt der Marburger Mikrobiologe Professor Dr. Martin Thanbichler, Leitautor der neuen Studie. „Offenbar ist die bakterielle DNA-Verteilung komplexer als bislang angenommen.“

Viele Proteine wirken als Schalter, die wichtige Lebensprozesse in Zellen steuern – so auch die Verteilung des Erbguts. Damit die beiden DNA-Kopien zuverlässig zu ihren Zielorten verfrachtet werden, die in entgegengesetzten Richtungen liegen, müssen verschiedene Proteine ans Erbgut koppeln. Eine zentrale Komponente dieser Maschinerie haben die Forscherinnen und Forscher um Martin Thanbichler und den Marburger Biochemiker Professor Dr. Gert Bange nun genauer untersucht: Sie klärten die Struktur des Proteins ParB auf, analysierten das Verhalten seiner Abschnitte und überprüften die Wirkungsweise in lebenden Zellen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren überrascht, als sich abzeichnete, dass ParB und seine Verwandten als molekulare Schalter wirken, die mit dem Nukleinsäure-Baustein CTP zusammenwirken – und nicht mit ATP oder GTP, wie sonst üblich. „Bindet CTP an einem bestimmten Proteinabschnitt, so schließen sich zwei ParB-Moleküle zu einer ringförmigen Struktur, welche sich um die Bakterien-DNA legt und so deren Verteilung ermöglicht“, erläutert Thanbichler. „Durch die anschließende Spaltung von CTP geht ParB dann in eine offene Form über, in der es die DNA später wieder verlassen kann.“

„ParB und seine Verwandten liegen bei vielen Bakterien in fast unveränderter Form vor“, legt Manuel Osorio-Valeriano dar, Erstautor des wissenschaftlichen Aufsatzes. „Unsere Daten zeigen, dass es sich dabei um eine gänzlich neue Proteinklasse handelt.“ Wie Thanbichler ergänzt, eröffnet diese Entdeckung „völlig neue Perspektiven für die Erforschung der Mechanismen, die dem lebenswichtigen Prozess der DNA-Verteilung bei der Zellteilung zugrunde liegen“.

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