Schließen der Lücke zwischen der CO2-Bindung und der Methanbildung  

14. September 2017
Methan ist ein starkes Treibhausgas und gleichzeitig eine wichtiger erneuerbarer Energieträger. Das Studium der Methanbildung ist aus diesem Grund von großer Relevanz für die Grundlagen- sowie die angewandte Forschung. Mikroben, sogenannte Methanogene bzw. Methanbildner, produzieren die Hälfte des Methans auf unserem Planeten. Die meisten Methanogene verwenden Wasserstoff und CO2 in einem Prozess, der hydrogene Methanogenese genannt wird, um Methan zu bilden. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg haben jetzt gemeinsam mit ihren Kollegen am Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt aufgezeigt, wie die Methanbildung und die CO2-Bindung in Zusammenhang stehen. Die Arbeit kann sich möglicherweise positiv auf künftige Versuche auswirken, die Methankonzentration in der Atmosphäre zu senken sowie Methan als erneuerbaren Energieträger zu herzustellen. Diese Arbeit wurde vor Kurzem im internationalen Magazin Science veröffentlicht.

Die Forschungsgruppe von Dr. Seigo Shima am Max-Planck-Institut in Marburg hat gemeinsam mit den Forschern am Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt seit Langem ein Interesse daran zu entschlüsseln, wie Methanogene Methan herstellen. Zu diesem Zweck haben sie die 3D-Strukturen mehrerer der an diesem Prozess beteiligten Enzyme bestimmt. Im letzten Schritt des Methanogeneseprozesses werden zwei Stoffe gebildet: Methan und eine Heterodisulfid-Verbindung, die aus den Koenzymen M und B (CoM-S-S-CoB) besteht. Die reduzierten Koenzyme M und B müssen aus CoM-S-S-CoB neu gebildet werden, um wieder Methan zu erhalten. Diese Reduktionsreaktion erfolgt mittels eines großen Proteinkomplexes, der aus der Heterodisulfid-Reduktase HdrABC in einem Komplex mit der Hydrogenase MvhAGD besteht (HdrABC-MvhAGD).

Bei dieser Reaktion werden die aus dem H2 herausgelösten Elektronen mittels einer Reihe von Eisen-Schwefel-Clustern (Abb. 1) an das HdrA weitergegeben. HdrA ist ein Enzym, das sich einen neu entdeckten Mechanismus zur Energiekopplung zunutze macht, der „Flavin-basierte Elektronenbifurkation“ genannt wird. Dieser Mechanismus wurde kürzlich von Prof. Wolfgang Buckel an der Philipps-Universität Marburg und Prof. Rolf Thauer am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie entdeckt. Bei dieser Reaktion werden Elektronen auf demselben Energieniveau gegen Elektronen mit einem höheren sowie Elektronen mit einem niedrigeren Energieniveau ausgetauscht. Im Falle von HdrA lässt das Flavin die Elektronen zwei unterschiedliche Richtungen einschlagen: Das erste Elektron wandert zum Zentrum der Heterodisulfid-Reduktase, um das CoM-S-S-CoB-Molekül zu reduzieren (niedriger Energieaufwand), während das zweite Elektron ein Elektronen-Trägerprotein, das Ferredoxin, reduziert (hoher Energieaufwand). Nach diesen Reaktionen können die freigesetzten Koenzyme M und B wieder zur Bildung von Methan verwendet werden und das reduzierte Ferredoxin kann erneut bei der CO2-Bindung zum Einsatz kommen.

Um den Kniffen bei den enzymatischen Reaktionen von HdrABC-MvhAGD auf die Spur zu kommen, hat Dr. Seigo Shimo gemeinsam mit Dr. Tristan Wagner, einem promovierten wissenschaftlichen Mitarbeiter, die 3D-Struktur des HdrABC-MvhAGD-Enzyms des Methanogens Methanothermococcus thermolithotrophicus entschlüsselt und bestimmt. Jürgen Koch, ein technischer Assistent, hat das komplexe CoM-S-S-CoB-Molekül, das der Schlüssel zum Knacken der Geheimnisse der Heterodisulfid-Reduktase-Reaktion war, synthetisiert. Die Kristallstruktur des HdrABC-MvhAGD-Komplexes hat es nun den Wissenschaftlern ermöglicht, im Detail zu skizzieren, wie sich die gesamte Reaktion von der Hydrogenase bis zum Heterodisulfid abspielt. Die bemerkenswerteste Entdeckung wartete jedoch in der HdrB-Untereinheit. Hier wurde eine neue Art von Eisen-Schwefel-Cluster identifiziert (Abb. 2). „Die Entdeckung eines neuen katalytisch aktiven Metallo-Cofaktors und seiner Wirkweise in einer Proteinumgebung ist ein seltenes und aufregendes Ereignis“, sagt Seigo Shima. Diese sogenannten nicht-cubanen Eisen-Schwefel-Cluster vollführen die Reduktion des CoM-S-S-CoB-Moleküls. Das Motiv der Bindungssequenz, das als Marker für diese Art von Eisen-Schwefel-Cluster dient, ist in mehr als 2000 Proteinen vorhanden, weswegen anzunehmen ist, dass diese Eisen-Schwefel-Cluster unter anaeroben Mikroorganismen weit verbreitet sind. „Diese Entdeckung wird dazu beitragen, die Funktion einer Vielzahl von Proteinen, die dieses Bindungsmotiv enthalten, aufzuklären“, erklärt Tristan Wagner. Homologe von HdrA sind auch in vielen anderen Mikroorganismen zu finden, beispielsweise in anaeroben methanotrophen Archaea, schwefelreduzierenden Bakterien und Archaea, schwefeloxidierenden Bakterien, acetogenen Bakterien, Knallgasbakterien sowie in  metallreduzierenden Bakterien, und sie könnten als universelles Modul zur Elektronenbifurkation zum Einsatz kommen. Viele der HdrA-Homologe wurden jedoch noch nicht biochemisch untersucht. Die HdrABC-MvhAGD-Struktur dient als der Prototyp für diese weitverbreitete Proteinklasse und ermöglicht deren funktionelle und mechanistische Charakterisierung.

 

Wagner, T., Koch, J., Ermler, U. & Shima, S. (2017) Methanogenic heterodisulfide reductase (HdrABC-MvhAGD) uses two noncubane [4Fe-4S] clusters for reduction. Science 357, 699–703.

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